Gott empfängt mich im Guten
Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung
Was nach dem Tod geschieht, ist für viele Menschen ein großes, unlösbares Rätsel. Die Frage begleitet durch das ganze Leben und kommt zumeist in Fällen des Verlusts einer sehr nahestehenden Person mit übermächtiger Stärke auf. Werden wir den geliebten Menschen wiedersehen? Wie sieht die Existenz nach dem Tod aus? Gibt es eine Seele, die weiterlebt? Aus Sicht von Mediziner:innen und Forscher:innen und nach dem Gesetz gilt ein Mensch als tot, wenn der Hirntod festgestellt wurde. Christen glauben daran, dass es nach dem Tod weitergeht. Im Gespräch sind dazu der katholische Pastoralreferent Gerhard Jammer und der evangelische Schuldekan Dr. Harry Jungbauer.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Jungbauer: Ich habe keine Angst vor dem Tod, eher vor der Art des Sterbens. Ich stelle mir Ersticken, Ertrinken oder Verbrennen in einem geschlossenen Raum schrecklich vor. Wenn ich es mir aussuchen könnte, möchte ich einfach mal aufhören zu atmen.
Jammer: Da geht es mir genauso. Ich bin im Beerdigungsdienst und erlebe bei Menschen, dass es gut tut, sich verabschieden zu können. Das wünsche ich mir auch für mich, sozusagen „ordentlich“ oder „versöhnt“ sterben zu können.
Wie sieht Ihre persönliche Vorstellung von einem Leben nach dem Tod aus?
Jungbauer: Ich glaube, dass das Leben nach dem Tod von Gott vollendet wird und zwar unter ganz anderen Bedingungen, als wir uns das hier vorstellen können: Zeit und Raum werden aufgehoben. Ich glaube auch, dass wir als Person sterben und so unserem Gott gegenüberstehen. Das ist ja beispielsweise in asiatischen Religionen anders.
Jammer: Ich hoffe darauf, dass nach dem Tod all meine Fragen beantwortet werden. Auf Erden bleibt ja vieles unvollendet. In der Vollendung fügen sich die Antworten auf meine Fragen zusammen.
Haben Sie manchmal Zweifel an der christlichen Botschaft vom ewigen Leben?
Jammer: Es mag ein Stück weit naiv sein, aber ich habe eigentlich keine Zweifel. Natürlich kommt mir ab und zu der Gedanke, dass das alles gar nicht stimmen könnte. Aber Zweifel gehören zum Glauben.
Jungbauer: Ich glaube, dass es wahr ist. Ich w i l l es auch glauben. Denn es muss doch eine Gerechtigkeit geben nach dem Tod. Wenn es nach dem Tod nicht weitergeht, wie soll dann die Ungerechtigkeit, die vielen Menschen in diesem Leben widerfährt, ausgeglichen werden? Dann müsste ja alles in dieses kleine Leben hinein.
Welche Fragen beschäftigen einen Menschen, der sich aufgrund einer Krankheit mit dem Tod auseinandersetzen muss, am meisten?
Jammer: Die meisten Menschen möchten ins Reine kommen mit sich selbst und mit anderen. Dass man den Frieden mit diesem Leben machen kann, das ist für viele sehr wichtig.
Jungbauer: Viele Menschen möchten auch die Dinge für die Zukunft ordnen, an der sie nicht mehr teilhaben können. Das hat übrigens auch Jesus getan, als er im Sterben zu Maria über einen Jünger gesagt hat: „Dies ist Dein Sohn“. Auch er hat dabei in die Zukunft geblickt für seine Mutter.
Worin liegt aus Ihrer Sicht der tröstlichste Gedanke des christlichen Glaubens?
Jungbauer: Sehr tröstend finde ich den Gedanken, dass ich nach dem Tod einem mir bekannten Gott begegnen werde, der mich auch schon im Leben begleitet hat. Ich gehe zurück in eine Heimat, wo ich hergekommen bin. Und Gott empfängt mich im Guten. Er wird mir vergeben, was ich versäumt oder falsch gemacht habe.
Jammer: Tröstend finde ich die Vorstellung, dass mein Leben nach dem Tod aufgehoben ist in Gott und es durch ihn vollendet wird. In der Ewigkeit gibt es keinen Raum und keine Zeit. Ich darf darauf vertrauen, dass mein irdisches Leben einen Sinn hatte.
22.11.2023/Dekanat Ostalb/Sibylle Schwenk