Ein neuer Anfang
Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung
Gehören Sie auch zu den Menschen, die sich am Silvesterabend einen Vorsatz gegeben haben? Gute Vorsätze, frischer Mut, ein neuer Anfang. Das wünscht man sich zu Beginn eines neuen Jahres. An manchen Stellschrauben kann man selbst drehen und an manchen nicht. Der Ukraine-Krieg, die Klimaerwärmung, die Angst vor einer neuen Pandemie nehmen wir mit ins neue Jahr. Dennoch können die kleinen Schritte und eine andere Einstellung einen neuen Anfang markieren. Wie halten es die beiden Dekane Ursula Richter und Robert Kloker? Ein Gespräch in der Reihe „kreuz und quer“.
Haben Sie sich für das neue Jahr etwas vorgenommen?
Kloker: Der Jahreswechsel selbst hat für mich keine so große Sensibilität. Aber beim Überdenken der Dinge gibt es schon Haltungen, die ich im neuen Jahr mit neuer Kraft angehen will. Dazu gehört, dass ich das neue Jahr mit seinen Herausforderungen beherzt in Angriff nehme und dabei Herr meiner Zeit bleibe. Ich möchte kein Getriebener der Zeit sein.
Richter: Bei mir geht es auch eher um Haltungen, weniger um Vorsätze. Die Haltung, dass ich heute und jeden Tag im Vertrauen auf Gott mein Bestes geben will, steht für mich ganz oben. Auch die Haltungen der Gelassenheit, der Dankbarkeit und des Humors zu pflegen, betrachte ich für mich als wertvolle Haltung. Was aber nicht unbedingt etwas mit dem Jahreswechsel zu tun hat…
Welches Motto soll im kommenden Jahr ihr Leben bestimmen?
Richter: Ich denke da einmal mehr an meinen Konfirmationsspruch: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und einen neuen, beständigen Geist“ aus Psalm 51. Das bedeutet zum einen ehrlich und authentisch zu sein, zum anderen auch eine gewisse Beherztheit und Mut fürs Leben mitzubringen und dies als Bitte an Gott ein ganzes Leben lang.
Kloker: Mir gefällt die ökumenische Jahreslosung für dieses Jahr sehr gut: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Davon fühle ich mich angesprochen. In unserer Arbeit geht es oft um Menschen, die man sehen sollte. Das Zitat aus dem Buch Genesis wechselt die Perspektive: Auf mich schaut ein liebevoller Gott, er gibt mir mit seinem Blick ein liebendes „Du“.
Wie schafft man es gute Vorsätze auch einzuhalten?
Kloker: Ich halte es wie in der Fastenzeit und bewahre einen langen Atem. Man darf sich von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern muss es immer wieder versuchen, den Vorsatz umzusetzen. Dabei gilt es Geduld mit sich selbst zu haben.
Richter: Es ist zwar ein etwas altmodisches Wort: Disziplin…Aber mir gibt Disziplin ein Gerüst, um neue Vorsätze einhalten zu können. Feste Riten helfen dabei, Dinge durchzuhalten und geben Stabilität, wie regelmäßiges Spazieren, Morgengymnastik, Einkehr ins Wort Gottes, Alkohol nur selten.
Was wünschen Sie sich im neuen Jahr für unsere christliche Kirche?
Kloker: Wir sind in der Kirche wahrlich von Krisen geschüttelt. Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, geistig-geistlich gestärkt aus den Krisen hervorgehen. Durch das Durchschreiten der Krise können auch neue Potentiale entstehen. Außerdem sollte der Wert der Solidarität mehr im Mittelpunkt stehen.
Richter: Ich finde das Thema Resilienz, d.h. Widerstandskraft und Stabilität, sehr wichtig in unserer Zeit. Als Kirche haben wir die gute Botschaft von Jesus Christus, die Menschen stärken und ihnen Orientierung geben kann. Das Wahrnehmen einer immer weiter auseinanderklaffenden sozialen Schere sollte einen zentralen Punkt bilden.
…und für sich selbst?
Richter: Ich wünsche mir, dass Freude am Glauben, Mut und Zuversicht bei allen gestärkt werden. Jesus Christus und sein Geist sollen unser Motto sein. Ich wünsche mir eine offene Ausstrahlung für unsere Kirche, wo eine Atmosphäre des Miteinanders herrscht und dass ich dazu beitragen kann.
Kloker: Ich wünsche mir ein besseres Standing für unsere katholische Kirche, dass sie wieder in ein besseres Licht rückt. Die Kirchenaustritte beschäftigen mich sehr. Durch eine solide Arbeit vor Ort mit ausgestreckten Händen und offenen Türen, kann dies gelingen.