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Foto (Schwenk): Elisabeth Burmeister und Marios Pergialis

Schon früher lernen Entscheidungen zu treffen

Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung

Wenn die Schulzeit zu Ende ist, beginnt für junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt. Der gewohnte Tagesrhythmus, die vorgegebenen Stundenpläne – all dies wird sich in nächster Zeit ändern. Die größte Frage, nämlich die nach der Art der Ausbildung oder des Studiums, treibt die meisten schon während der Schulzeit um. Dann wird von der Familie, von Verwandten und Bekannten eine Entscheidung erwartet. Die Ausbildungszeit oder das Studium beginnt entlang einer Phase, die rein körperlich, aber auch mental vom Erwachsenwerden bestimmt ist. Viele sind sich ihrer Sache nicht sicher. Habe ich das Richtige für mich gewählt? Ist es das, was von mir erwartet wird? Fühlt sich so das Leben nach der Schule an? Solche und ähnliche Fragen beschäftigen junge Menschen. Ein Gespräch mit der evangelischen Diakonin Elisabeth Burmeister und dem katholischen Dekanatsjugendreferenten Marios Pergialis.

Der Umbruch vom Abschluss der Schulzeit in einen neuen Lebensbereich von Ausbildung oder Studium treibt viele junge Menschen um. Was beschäftigt sie in dieser Phase am meisten?

Pergialis: Sie kommen aus der Schule raus, und zusätzlich auch aus der Clique in der Schule. Sie fragen sich also nicht nur, was sie in Zukunft machen wollen, sondern auch mit wem sie künftig ihre Freizeit verbringen möchten.

Burmeister: Nach dem Schulabschluss kommt das Gefühl einer großen Freiheit auf. Dann stellt sich aber auch sofort die Frage, wie man diese Freiheit gestalten will. Man schaut auch nach der Gruppe von Gleichaltrigen um sich herum.

Wo oder bei wem finden sie dann am meisten Halt?

Burmeister: Aus meiner Sicht ist das immer noch die Familie. Sie ist eine große „Feste“, dort werden Fragen besprochen und sich Rat geholt. Wichtig ist dabei, dass die jungen Leute ernstgenommen werden und man sich auf die Diskussion ernsthaft einlässt.

Pergialis: Als Eltern fragt man sich sicher oft, wie viel Sicherheit das Kind braucht. Ich kann dazu sagen: Alle jungen Menschen brauchen ihre Eltern, die hinter ihnen stehen, einfach, weil es ihre Eltern sind.

Was würden Sie sich gesellschaftlicherseits wünschen, damit Jugendliche besser mit den Situationen von Umbrüchen zurechtkommen?

Pergialis und Burmeister: Während der Schulzeit müssen die Kinder und Jugendlichen so gut wie keine Entscheidungen selbständig treffen. Unser System ist starr und gibt vieles vor. Ich wünsche mir, dass junge Menschen früher lernen, echte Entscheidungen selbst zu treffen. Dann fällt es in einer Umbruchsituation nicht mehr so schwer. Es wäre auch gut, den Jungs und Mädchen klarzumachen, dass die Entscheidung, wie es nach der Schule weitergehen soll, zwar wichtig, aber nichts Lebensentscheidendes ist. Auch Umwege zu gehen ist erlaubt und sollte anerkannt sein.

Sie bieten hier in Gmünd den Frei.Raum an. Wer kommt zu Ihnen und inwiefern ist der Frei.Raum ein Ort zur Reflexion?

Burmeister: Bei uns sind hauptsächlich Studentinnen und Studenten, die in der Mittagszeit oder zwischen den Vorlesungen hierherkommen. Hier gibt es einen Platz zum Lernen, es gibt Kaffee und auch die Möglichkeit zum Gespräch. Wir erleben oft, dass nach einer Phase der Stille plötzlich leise Gespräche entstehen. Da geht es dann ums Mittagessen, um den Professor, um Gott und die Welt.

Pergialis: Im Austausch und bei unseren „Mid-Day-Vibes“, die es immer um 12.15 Uhr gibt, sprechen wir auch über Hoffnungen und Werte, über den Glauben. Junge Menschen möchten Rückhalt spüren auf sich selbst, aber auch auf etwas Höheres. Es geht um Beziehungen, auch um die Beziehung zu Gott.

Haben Sie einen Tipp, wie man Umbrüche bewältigen kann?

Pergialis: Man sollte Umbrüche wirklich gestalten und ganz bewusst einen Punkt setzen, bevor etwas Neues beginnt. Das ist dann ein kleiner Abschied vor einem Neubeginn. Ein Ritual zu setzen, irgendetwas, was zu einem selbst passt, kann helfen, den Umbruch besser zu gestalten und neu anzufangen.