Die große Aufgabe
Martin Keßler in der Reihe „Wort zum Sonntag“
Manche Menschen sind vor wahrhaft große Aufgaben gestellt. Zum Beispiel durch ein schwerstbehindertes Kind, das 24 Stunden intensive Pflege braucht. Ein Kind, das als Erwachsener noch gewickelt werden muss. Ein Kind, das keine Minute allein gelassen werden darf. Ein Kind, das nie wie andere selbstständig sein wird, einen Beruf erlernen oder eine Familie gründen kann.
Ich habe Respekt vor den Menschen, die sich solchen Schicksalen stellen und jahrein, jahraus sich mühen. Die stets das Gute in ihrem Kind sehen und jede winzige Chance der Entwicklung durch besonders viel Förderung wahrnehmen.
Über Jahre zehrt es an den körperlichen und geistigen Kräften. Besonders schmerzt, wenn sich keine Perspektive entwickelt. Manchmal höre ich dann in der Klinik: Wir können nicht mehr, soll kommen was kommen mag! Die große Aufgabe verwandelt sich in DIE GROßE AUFGABE.
In der Sonntagslesung wird vom Propheten Elia ähnliches geschildert (1 Kön 19,4-8). Er legt sich unter den Ginsterbusch und will sterben. Tut er nicht, stattdessen kommt zweimal ein Engel und nährt ihn. Gestärkt geht er seinen Weg weiter und DIE GROßE AUFGABE verwandelt sich wieder in die große Aufgabe.
Gott sei Dank geben fast keine Eltern wirklich auf. Sie stehen täglich wieder auf und gehen mit ihrem Kind Schritt für Schritt weiter. Sie finden die notwendigen Ressourcen bei sich, in der Familie, bei Freunden, in der Nachbarschaft, in der Gemeinde oder bei Institutionen und Ämtern – manche bei Gott.
Gottgläubige Menschen deuten diese Erfahrungen von Gott her, „die oder der kam mir zur Hilfe und wurde zu meinem Engel.“
Gott sei Dank gibt es mehr Engel unter uns als wir vielleicht glauben.
Ich wünsche Ihnen bei IHRER großen Aufgabe viel Kraft, Zuversicht und mindestens zwei Engel.