Betörende Düfte mit heilender Wirkung
Sibylle Schwenk
Eine schöne Tradition wird in vielen katholischen Kirchengemeinden am Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel immer noch gepflegt: das Binden von Weihbüscheln. Dafür werden heimische Sommerblumen und blühende Kräuter gesammelt und zu hübschen Sträußen gebunden. So auch in der Münstergemeinde Schwäbisch Gmünd, wo an diesem Freitag rund 200 Weihbüschel entstehen. Seit 24 Jahren kümmert sich Walburga Weinmann mit einem engagierten Team darum.
Wenn am 15. August in den katholischen Kirchengemeinden das Fest Mariä Aufnahme in den Himmel gefeiert wird, dann ist die Zeit der Weihbüschel gekommen. Der Strauß des Vorjahres, platziert im so genannten „Herrgottswinkel“, wird abgenommen. Die neue Pracht aus Blüten und betörenden Düften findet dort ihren Platz.
Fünf Frauen und Männer haben sich im Gemeindehaus der Münstergemeinde in Schwäbisch Gmünd zusammengefunden, um diese filigranen, herrlich duftenden Sträuße zu binden. „Ich bin in meiner Heimat Berchtesgaden mit diesem Brauch aufgewachsen“, sagt Walburga Weinmann. Und sie hat ihn nach Schwäbisch Gmünd gebracht. Gemeinsam mit Oliver Ziegler, Erika Elser, Irene Duijm und ihrem Mann Paul Weinmann bindet sie deshalb Sträuße im Akkord. Rainfarn, Bohnenkraut, Schafgarbe, Johanniskraut, Mädelsüß, Rosmarin und noch viele mehr drücken sich in den Bouquets zusammen. Und entsprechend ist auch der Duft im Kapitelshaus, der einem bereits an der Tür entgegenströmt.
„Dieses Jahr war es schwierig, noch blühende Kräuter und Sommerblumen zu finden“, berichtet Walburga Weinmann. Vieles sei bereits abgeblüht, auch dem vielen Regen zum Opfer gefallen. Dennoch türmen sich auf den Binde-Tischen wieder wundervolle Kräuter und Blumen, zum Teil aus den eigenen Gärten, zum Teil von den Feldern.
Symbol für die Zuwendung Gottes an den Menschen
Der Brauch, am Fest Mariä Himmelfahrt besondere Kräuter zum Strauß zu binden und im Gottesdienst zu segnen, geht zurück bis ins zehnte Jahrhundert. Die Wurzel dieses Brauches erfährt man in der „legenda aurea“, dem Volksbuch des Mittelalters. Dort heißt es, beim Öffnen des Grabes von Maria habe man statt des Leichnams blühende Blumen gefunden.
Schon immer galten Pflanzen und Kräuter als heilend und heilbringend. Die Heilkraft der Blumen und Kräuter ist ein Symbol für die Zuwendung Gottes an den Menschen. Die Weihe der Kräuter soll verdeutlichen, dass die Heilkraft der Pflanze eine Gottesgabe ist.
„Kräuterbüschel zu binden, das ist ein alter Brauch und heute als Ausdruck für die Achtung der Schöpfung aktueller denn je“, sagt Walburga Weinmann.
Die Königskerze – sofern vorhanden – wird in der Mitte umwunden mit Schafgarbe, Johanniskraut, Kamille, Frauenmantel, Dost und Zinnkraut. Dazu kommen die duftenden Küchenkräuter wie Salbei, Minze, Melisse, Rosmarin und Liebstöckel. „In unserer Gegend dürfen die verschiedenen Getreidearten nicht vergessen werden,“ führt Walburga Weinmann aus. Auch Gartenblumen wie Astern, Dahlien, Ringelblumen und Goldrute sind beliebte Farbtupfer im Weihbüschel. Aber hier im Kapitelshaus werden die Sträuße im „Freestyle“ gebunden. Alle Fünf haben bereits große Erfahrung im Weihbüschel-Binden und wissen, wie sie richtig schön werden.
Die fertigen Büschel werden in den Gottesdiensten gesegnet. Und anschließend findet der kostbare Strauß seinen Platz neben dem Kreuz. Nach einem Jahr wandert der getrocknete Büschel zumeist auf den Dachboden, wo er vor Blitz und Unwetter schützen soll. Überhaupt spricht man dem Büschel eine heilende, sorgende Wirkung zu. Ein schöner Gedanke.
Info: Alle Gottesdienste mit Kräutersegnung finden Sie auf: https://www.dekanat-ostalb.de/dekanat-ostalb-gottesdienste-katholisch-evangelisch/
Gottesdienste mit Kräutersegnung der Seelsorgeeinheit Schwäbisch-Gmünd Mitte:
10.08.24 um 10.30 Uhr in St. Franziskus
11.08.24 um 9.00 Uhr im Heilig-Kreuz-Münster
11.08.24 um 10.30 Uhr in Peter-und-Paul
11.08.24 um 11.00 Uhr Wort-Gottes-Feier im Heilig-Kreuz-Münster
11.08.24 um 18.30 Uhr in St. Franziskus
15.08.24 (Mariä Himmelfahrt) um 18.30 Uhr in St. Michael