Gemeinschaft aus der Teestube
Sibylle Schwenk
Die hitzige Diskussion übers „Gendern“, die sich Jugendliche aus den Dekanaten Ostalb und Heidenheim beim Abschluss der Jugendleiter:innen-Ausbildung im Jugendtagungshaus Schopflohe geliefert haben, hat am Ende einen Konsens hervorgebracht: Es geht weniger um das Sternchen, den Doppelpunkt oder das Binnen-I. Es geht um die Haltung, um die Wertschätzung und Achtung von Menschen, was sich in der Sprache niederschlagen sollte. Die Jugendleiter:innen-Ausbildung (JuLeiA) hat auch Marie Schneider aus Böbingen durchlaufen. „Ich habe in der Ausbildung viel über mich und meine Haltung gelernt, auch über meinen Glauben“, lächelt sie.
„Teestube“ heißt der Gruppenraum der Gemeinde St. Josef in Böbingen, wo Marie eine Mini-Gruppe leitet. Es ist gemütlich dort, ein großes Sofa, ein Tischkicker, viele Fotos und eine kleine Küche. „Wir sind schon sehr froh, dass wir die Teestube haben“, sagt Marie. Und dass es dort nicht nur Tee gibt, ist selbstredend.
Marie leitet mit ihrer Freundin Julia zusammen seit knapp zwei Jahren eine Ministrantengruppe. Die „kleinen“ Minis sind vor einem Jahr zur Kommunion gekommen und anschließend Ministrantinnen geworden. Einmal in der Woche treffen sich die Minis in ihrer Teestube, spielen, diskutieren und freuen sich über die schöne Gemeinschaft. Das ist im Übrigen auch der Punkt, weshalb Marie Schneider ihre Freizeit im kirchlichen Kontext verbringt: „Die Gemeinschaft, die Freunde, die ich hier habe, das ist für mich sehr wichtig.“ Um für die Leitung der Mini-Gruppe gut gerüstet zu sein, hat sie die JuLeiA der Jugendreferate durchlaufen.
„Es ist ein dreiteiliger Kurs“, erklärt Dekanatsjugendseelsorger Patrick Grazer. In den Herbstferien findet der erste Baustein eine Woche lang im Schloss Reimlingen statt, gefolgt von zwei Wochenenden im Dezember und im Januar im Jugendtagungshaus Schopflohe bei Fremdingen. Grazer blickt auf die inhaltlichen Bausteine der JuLeiA, die sich von Ideen für die Gruppenstunden vor Ort, Spiele-Karteien oder Spiele-Anleitungen über die eigene Persönlichkeitsbildung und den eigenen Glauben, bis hin zu Kindeswohlschulungen und Rechtlichem erstreckt. „Ich kann nur sagen: Schickt eure Leute dorthin, es bringt ihnen so viel für ihre Arbeit, aber vor allem auch persönlich! Ganz egal, wie lange sie davor oder danach noch aktiv sind. Ihr habt etwas für ihr Persönlichkeitsbildung getan.“
Das kann Marie Schneider direkt unterschreiben. Gemeinsam mit 18 Jugendlichen aus den Dekanaten Ostalb und Heidenheim hat sie die JuLeiA durchlaufen. „Wir haben über Gott und die Welt, über den eigenen Glauben und über Haltungen geredet“, berichtet die 16-Jährige. Man lernt Dinge neu einzuschätzen und einen eigenen Standpunkt zu finden. Ein wichtiges Element in diesen Zeiten, in denen Jugendliche nicht nur aus Faktenwissen schöpfen können, sondern sich auch mit Fake-News befassen müssen. Mehr denn je ist Standhaftigkeit und klarer Informationsfluss angesagt. „Es gehört auch dazu, mal ‚Nein‘ sagen zu können“, führt Marie aus.
Neben der Persönlichkeitsbildung während einer JuLeiA geht es natürlich auch um den eigenen Glauben. „Ich bin in den Glauben durch meine Eltern hineingewachsen“, lächelt Marie. Ihr Papa war ebenfalls Ministrant, ihre Mama viele Jahre in der kirchlichen Jugendarbeit tätig. Marie Schneider ist mit Herz und Seele Ministrantin, im ersten Jahr im „erlauchten“ Kreis der Oberministranten, und sie steht zu ihrem Glauben. „Der Glaube gibt mir Halt und Sicherheit“, gibt sie offen zu. Mit neuen Impulsen im Rücken, die sie durch die JuLeiA bekommen hat, sieht sie gerne nach vorne. Offen, wertschätzend und freundlich.